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Vertigo Trombone Quartet: „Openness“

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Klingt so:
youtu.be/JAxntvIoa-w

Kann ein reines Posaunen-Quartett kurzweilig und unterhaltsam sein, ohne sich in den Abgründen der volkstümlichen Musik zu verlieren?
Es kann. Mit seinem dritten Album Openness zeigt das Vertigo Trombone Quartet, dass Posaune Spaß machen kann und viermal Posaune eben Spaß hoch vier.

Der Albumtitel ist Programm – die Musik zeichnet eine unglaubliche Leichtigkeit, niveauvolle Heiterkeit und bedingungslose Offenheit in alle Richtungen aus. Das soll nicht heißen, dass sie nicht anspruchsvoll und virtuos wäre. ...

Klingt so:
youtu.be/JAxntvIoa-w

Kann ein reines Posaunen-Quartett kurzweilig und unterhaltsam sein, ohne sich in den Abgründen der volkstümlichen Musik zu verlieren?
Es kann. Mit seinem dritten Album Openness zeigt das Vertigo Trombone Quartet, dass Posaune Spaß machen kann und viermal Posaune eben Spaß hoch vier.

Der Albumtitel ist Programm – die Musik zeichnet eine unglaubliche Leichtigkeit, niveauvolle Heiterkeit und bedingungslose Offenheit in alle Richtungen aus. Das soll nicht heißen, dass sie nicht anspruchsvoll und virtuos wäre. Im Gegenteil. Doch Wogram spricht von einer charmanten Fehlerquelle, die man zulassen können muss. Er nennt es auch einen gesunden Perfektionismus. Nun ist diese Haltung im neueren Jazz nur sehr selten zu finden, und genau genommen ist „Openness“ auch gar keine Jazzplatte, obwohl alle vier Beteiligten mit Jazz sozialisiert sind und assoziiert werden.
Was in anderen Kontexten als Improvisation bezeichnet wird, läuft hier auf eine frohgemute Unschärfe hinaus, die sehr viel mit Lebenslust zu tun hat. Denn wer möchte schon an einem warmen Frühlingstag präzise planen, wohin sein Weg ihn führt?

Schon auf dem letzten Album seiner Langzeitformation Root 70 legte Nils Wogram eine Entspanntheit an den Tag, die weder für den zeitgenössischen Jazz noch für die Posaune typisch ist. Und wie die Synchronität der Ereignisse oft so spielt, sind Tschopp, Bamert und Schreiner genau auf demselben Level der Gelassenheit angekommen. Da treffen sich vier Freunde, denen nie der Gesprächsstoff ausgeht, in einer angenehmen Situation und fangen einfach an, sich darüber auszutauschen, was ihnen gerade in den Sinn kommt. Niemand ist der Wortführer, keiner will Recht behalten oder sich in den Vordergrund spielen. Und doch kommt jeder mit seiner Haltung, seinen Ideen und seiner Dringlichkeit zum Zug (um im Bild der Posaune zu bleiben). Es geht zu keinem Zeitpunkt darum, was man mit vier Posaunen machen kann. Das könnten ebenso gut vier Gitarren, Akkordeons oder Maultrommeln sein. Es geht einfach um die Teilhabe an einem ehrlichen Dialog.
Im Mittelpunkt stehen gute Geschichten, die nur deshalb auf vier Posaunen erzählt werden, weil alle vier Protagonisten nun mal Posaunisten sind. „Wir haben als Band seit unserem ersten Album 2014 einen Prozess durchgemacht“, bestätigt Nils Wogram. „Anfangs sind wir mit der Message angetreten, dass wir die Schwierigkeiten überwinden, die das Instrument mit sich bringt. Auf dem dritten Album können wir entspannt zurückblicken und loslassen. Natürlich haben wir alle sehr unterschiedliche Herangehensweisen. Wir haben es diesmal so gemacht, dass jedes Stück von dem jeweiligen Komponisten gestaltet wird. Der hat dann auch das Vetorecht, wenn ihm etwas nicht gefällt. Aber trotz dieser Verschiedenheit ist es uns nicht schwergefallen, von Anfang an eine gemeinsame Linie zu finden.“

Natürlich stecken eine Menge Arbeit und Herzblut in einem solchen Album, zumal es so viele verschiedene Ansätze vereint. Aber wenn die Songs einmal durch die Schleusen der Mühsal gegangen sind, hört man ihnen den Aufwand nicht mehr an. Die Mühelosigkeit dieser Musik ist vom ersten Ton an ansteckend. Der Fokus verschiebt sich von der Instrumentaltechnik und den spielerischen Möglichkeiten auf dem Instrument ganz klar in Richtung reine Musik. Hier wird im ursprünglichsten Sinn des Wortes gespielt, Ausgang offen. Wie lautete noch gleich der Albumtitel?
Alle vier Vertigo-Trombonisten sind hörbar gereift, aber gleichzeitig viel verspielter geworden. „Irgendwann wird man wieder zu jener Aufgeregtheit jener Tage zurückgeführt, als man die Posaune zum allerersten Mal in die Hand nahm“, beschriebt Andreas Tschopp dieses bedingungslose Spielgefühl. „Plötzlich kommen wieder Skills aus einer Zeit zum Vorschein, in der ich das Instrument technisch noch gar nicht beherrscht habe, die mir aber heute wieder richtig gut gefallen. Dadurch wird das Spektrum plötzlich wieder viel reicher.“
Eben dieses Spektrum kommt ohne jegliche Begrifflichkeit aus. Ja, vier Posaunen suggerieren zu allererst JAZZ, vielleicht auch Neue Musik, doch mit diesem Programm kann das Quartett auch auf jedem Roots Music- oder Jam Rock-Festival Stürme der Begeisterung entfachen. Ballast, den die vier Musiker seit Jahrzehnten mit sich rumschleppen, wird unsentimental abgeworfen. Bernhard Bamert betont sogar: „Eine Zeitlang habe ich überhaupt keinen Jazz gehört, sondern nur Klassik, und Volksmusik ist für mich tatsächlich eine wichtige Bezugsgröße.“

Menschen sind nicht kategorisierbar, und der konsequent inklusive Anspruch des Albumtitels spiegelt sich in der Musik auf verzaubernd zauberhafte Weise wider. Eine entscheidende Rolle für die Stimmung auf dem Album spielte die Aufnahmesituation. „Wir sind alle zusammen nach Bremen gefahren und haben in diesem Studio wie in einer Wohnung gewohnt und zusammen gekocht“, erinnert sich Andreas Tschopp. „Für mich war dieser ganze Prozess wie eine Klassenfahrt. Das war eine sehr niederschwellige Art aufzunehmen. Wir hatten nicht das Gefühl, super eingespielt ins Studio zu gehen und Perfektion abliefern zu müssen, sondern wir sind zusammen in dem Haus, essen oben und gehen dann runter, machen Musik, und jemand nimmt das auf. Das war eine Spontaneität wie bei ganz ursprünglicher musikantischer Volksmusik. Das ganze Album ist eine Momentaufnahme.“

Genau genommen ist „Openness“ ein Live-Album. Die in der Musik vermittelte Stimmung erinnert daran, dass „live“ ja nichts anderes als eine Übersetzung für „lebendig“ ist. Auf „Openness“ kommt eine Vielzahl von Melodien, Timbres, Stimmungen, künstlerischen Haltungen, individuellen Vorlieben und Konstellationen innerhalb der Gruppe zum Tragen. Nichts ist definiert, alles ist offen. Es gelingt den vier Posaunisten hervorragend, nicht nur sich von allen Erwartungshaltungen zu befreien, sondern auch jede Erwartung des Hörers zu pulverisieren.
Wayne Shorter habe mal gesagt, so Tschopp, das Gegenteil von Furcht sei nicht Furchtlosigkeit, sondern Offenheit. Auf diesem Album findet nicht nur jedes Mitglied mit seinen individuellen Ausprägungen einen adäquaten Platz, sondern auch jeder Hörer kann sich in den Songs einrichten, egal wo seine musikalische Sozialisation verortet ist. In dieser Hinsicht ist „Openness“ mehr als nur ein Stück Musik. „Openness“ ist ein echter Abholer. Eine Utopie genau zur rechten Zeit.

Wolf Kampmann

nilswogram.com/bands/vertigo-t...



HINWEIS: Im Jahr 2024 starten die Konzerte im LOFT in der Regel gegen 20 Uhr - das LOFT öffnet jeweils um 19.30 Uhr.
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Sounds like this:
youtu.be/JAxntvIoa-w

Can a pure trombone quartet be entertaining and amusing without losing itself in the abysses of popular folk music? It can. With its third album “Openness”, the Vertigo Trombone Quartet with Nils Wogram, Jan Schreiner, Andreas Tschopp and Bernhard Bamert shows that the trombone can be fun, and four times trombone can be fun to the power of four.
The album title says it all. This album is characterized by an incredible lightness, sophisticated cheerfulness and unconditional openness in all directions. This is not to say that the music is not sophisticated and virtuosic. On the contrary. But Wogram speaks of a charming source of error that one must be able to allow. He also calls it a healthy perfectionism. Now this attitude is very rare in modern jazz, and strictly speaking “Openness” is not a jazz record at all, although all four participants are socialized and associated with jazz. What is described as improvisation in other contexts amounts here to a cheerful blurriness that has a lot to do with joie de vivre. After all, who wants to plan precisely where their path will take them on a warm spring day?
Even on the last album of his long-term formation Root 70, Nils Wogram displayed a relaxed attitude that is not typical of either contemporary jazz or the trombone. And as the synchronicity of events often plays out, Tschopp, Bamert and Schreiner have arrived at exactly the same level of serenity. Four friends, who never run out of things to talk about, meet in a pleasant situation and simply start talking about whatever comes to mind. No one is the spokesperson, no one wants to be right or take center stage. And yet everyone gets their say with their attitude, their ideas and their urgency (to stay with the image of the trombone).
At no point is it about what you can do with four trombones. It could just as well be four guitars, accordions or jew’s harps. It’s simply about participating in an honest dialog. The focus is on good stories, which are only told on four trombones because all four protagonists are trombonists. “We’ve gone through a process as a band since our first album in 2014,” confirms Nils Wogram. “In the beginning, we started with the message that we would overcome the difficulties that the instrument brings with it. On the third album, we can look back in a relaxed way and let go. Of course, we all have very different approaches. This time we did it in such a way that each piece is designed by the respective composer. They also have the right of veto if they don’t like something. But despite this diversity, it wasn’t difficult for us to find a common line from the outset.”
Of course, a lot of work and heart and soul goes into an album like this, especially as it combines so many different approaches. But once the songs have passed through the floodgates of laboriousness, you can no longer hear the effort. The effortlessness of this music is infectious from the very first note. The focus clearly shifts from instrumental technique and the playing possibilities on the instrument to pure music. This is playing in the most original sense of the word, with an open outcome. What was the album title again? All four Vertigo trombonists have audibly matured, but at the same time have become much more playful. “At some point, you are taken back to the excitement of those days when you picked up the trombone for the very first time,” says Andreas Tschopp, describing this unconditional playing feeling. “Suddenly, skills from a time when I didn’t have any technical mastery of the instrument come to the fore again, but I really like them again today. This suddenly makes the spectrum much richer again.”

It is precisely this spectrum that manages without any terminology. Yes, four trombones first and foremost suggest JAZZ, perhaps even new music, but with this program the quartet can also ignite storms of enthusiasm at any roots music or jam rock festival. Ballast that the four musicians have been carrying around with them for decades is thrown off unsentimentally. Bernhard Bamert even emphasizes: “For a while I didn’t listen to jazz at all, only classical music, and folk music is actually an important reference point for me.” People cannot be categorized, and the consistently inclusive claim of the album title is reflected in the music in an enchantingly magical way. The recording situation played a decisive role in the mood of the album. “We all went to Bremen together and lived in this studio like an apartment and cooked together,” recalls Andreas Tschopp. “For me, the whole process was like a school trip. It was a very low-threshold way of recording. We didn’t have the feeling that we had to go into the studio super well-rehearsed and deliver perfection, but we were together in the house, ate upstairs and then went downstairs, made music, and someone recorded it. It was a spontaneity like that of original folk music. The whole album is a snapshot.”
Strictly speaking, “Openness” is a live album. The mood conveyed in the music reminds us that “live” is nothing other than a translation for “alive”. On “Openness”, a multitude of melodies, timbres, moods, artistic attitudes, individual preferences and constellations within the group come to the fore. Nothing is defined, everything is open. The four trombonists succeed brilliantly not only in freeing themselves from all expectations, but also in pulverizing every expectation of the listener.
According to Tschopp, Wayne Shorter once said that the opposite of fear is not fearlessness, but openness. On this album, not only does each member with their individual characteristics find an adequate place, but also every listener can settle into the songs, regardless of where their musical socialization is located. In this respect, “Openness” is more than just a piece of music. “Openness” is a real pick-me-up. A utopia at exactly the right time.
Wolf Kampmann



NOTE: In 2024, concerts at the LOFT will generally start at around 8 pm CEST - the LOFT will open at 7.30 pm CEST.
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